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Dienstag, 18. September 2012

Der Wald, die Kühe und der (G)Sig

Der Bregenzerwald, im dort heimischen Idiom liebevoll "Wold" genannt, hat einiges zu bieten. Sanfte Grashügel, tief eingeschnittene Bachbetten und sanftes Klima im Vorder-, sowie pittoreske und durchaus schroffe Bergwelten im Hinterwald. Für die genussmousse-crew (zumindest Teile davon) Herkunftsregion ebenso wie (für alle von uns) hoch geschätztes Urlaubsdomizil. Angesichts derartiger Bilder verständlich, oder?
widderstein
Einst alles andere als reich, hat man sich im Bregenzerwald auf das besonnen, was man besonders gut kann: Architektur, Handwerk und Milchwirtschaft. Alle drei Betätigungsfelder haben die Wälder zur Perfektion gebracht: Da gibt es beispielsweise cooles Holzschuhwerk, herrlich gestaltetes & bequemes Mobiliar und - natürlich - faszinierende Architektur aus und mit Holz.
Kühe und Milchwirtschaft dominieren noch heute die kleinparzellige Landwirtschaft, die nach wie vor auf traditionelle Art und Weise betrieben wird. Die Tiere, oft das hier heimische Braunvieh, werden in kleiner Zahl gehalten und überwiegend mit würzigem Berggras und -heu gefüttert. Im Frühjahr wird das Vieh zuerst auf die Vorsäss und dann, wenn es warm genug ist, auf die diversen Hochalpen getrieben, wo es den Sommer verbringt. Das Bergwiesenfutter schmeckt man: Vor allem im köstlichen Käse, der hier allerorts erzeugt und angeboten wird. Bergkäse (das muss an dieser Stelle mal gesagt werden) ist freilich nicht gleich Bergkäse. Wer von hier kommt, weiß das: Da wird zartesten Nuancen nachgeschmeckt und über Reifung und Herkunft gefachsimpelt.
Aber nicht nur Milch, Joghurt, Sahne und der köstliche Käse gehören zu den hier erzeugten Produkten. Nein. Da gibt es viel, viel mehr: Etwa die Sennsuppe Seagn (eine Molkesuppe mit ausgeflocktem Eiweiß, das übrigens auch in Butterschmalz ausgebacken genossen wird), der "Biersch" (die erste Milch nach dem Kalben, die zum Stocken ins Backrohr geschoben wird) oder der (G)Sig.
sig
Der Gsig oder Sig, wie die Leute hier sagen, wird auch "Schokolade der Bregenzerwälder" genannt. Es handelt sich um karamellisierte Süßmolke, die zu kleinen Laibern geformt angeboten wird. Die Molke wird dafür stundenlang unter Rühren auf niedrigem Feuer eingekocht. Am Ende steht ein süßer und zugleich salziger, karamelliger Genuss. Traditionell aß man den Sig pur oder auch in den Knöpfle. Köstlich ist das Zeug allemal!

PS: Danke liebe D. für Deine lehrreichen Hinweise zu den diversen traditionellen Milchprodukten und ihren Zubereitugsarten!

Sonntag, 20. Januar 2008

S' Speckladele

Pieti Moser vom Speckladele in der Innsbrucker Altstadt"Sausage Woman", das sei ihr neuester Spitzname, erzählt Pieti Moser lachend. Die resolute Verkäuferin in Innsbrucks allerkleinstem Geschäft, dem gerade mal vier Quadratmeter großen Speckladele, hat schon vieles erlebt. Die Begeisterung einer Gruppe von Amerikanern, die vor Kurzem hier vorbeischauten, sei aber auch für sie neu gewesen. Einer der Besucher aus Übersee habe kurz den Kopf zur Tür hereingesteckt und sogleich zu schreien begonnen: "She's there, she's really there. The sausage women is there!" Eine kleine Sensation für die Touristengruppe. Schließlich hatte eine US-amerikanische Fernsehstation vor geraumer Zeit eine Doku über Innsbruck gesendet und dabei gar nicht wenig der teuren Sendezeit dem Speckladele samt Bedienung gewidmet. Und Pieti Moser mauserte sich kurzerhand zum Fernsehstar.
Das erstaunt die Gourmets unter der Innsbrucker Bevölkerung eigentlich kaum. Sie kennen das Speckladele schon seit Jahrzehnten und wissen sich bei Moser, einer Tirolerin mit holländischen Wurzeln, in besten Händen. Und dafür nehmen sie auch gerne längere Wartezeiten in Kauf. Denn im Geschäft selbst findet nicht mehr als ein Kunde auf einmal Platz. Alle anderen reihen sich in die mehr oder weniger lange Schlange im Stiegenhaus des gotischen Altstadtgebäudes, in dessen Erdgeschoss das Speckladele zuhause ist, ein. Schon hier duftet es verführerisch. Ist man/frau erst mal an der Reihe und tritt in das Geschäft, wähnt man/frau sich ohnehin im Brueghel'schen Schlaraffenland. Von der Decke baumelt Speck, an den gekachelten Wänden prangen die unterschiedlichsten Würste und auf jedem freien Fleck in diesem Winzling von Geschäft lockt eine andere fleischlich-fleischige Verführung.
Der Speck, den es hier gibt, stammt ausnahmslos von heimischen Bauern (aus Kärnten und Tirol). Das ist gar nicht so selbstverständlich, werben doch beispielsweise gerade die (industriellen) Großproduzenten damit, ausschließlich "original Tiroler Speck" anzubieten. Doch das einzig Tirolerische daran dürfte der Name dieser labbrig-weichen Räucherprodukte in luftdichter Plastikhaut sein. Die Speckmengen, die die Großräucherer täglich produzieren, übersteigen schlicht die heimische Schweinefleischproduktion. Die Schweinemast deckt hierzulande, wo die Bauern vor allem Milchwirtschaft betreiben, meist kaum mehr als deren Hausbedarf. Aber das ist eine andere Geschichte ...
Im Speckladele jedenfalls hält man nichts von industrieller Großproduktion. "Du bist, was Du isst", sagt Moser, die auch für den Einkauf zuständig ist. Sie sei für alles, was natürlich hergestellt wird, offen. Ein gutes Motto, denn die begeisterte Köchin weiß nicht zuletzt aufgrund ihres Interesses für Neues, wo sie den besten Speck im Land beziehen kann. Die Adressen ihrer Lieferanten will sie freilich nicht preisgeben. Aber das macht nichts - man bekommt die unterschiedlichen geräucherten Leckereien ja ohnehin hier im Geschäft. "Geselchtes jeder Art ist unsere Spezialität", erläutert Moser. Und in der Tat: Über verschiedenen Hölzern, in ganz unterschiedlicher Dauer geräucherte Schinken (roh und gekocht), Hartwürste vom Schwein, vom Schaf, vom Hirsch oder der Gams und diverse Kochwürste gehören zum Sortiment. Die "Teufelchen", superkleine, höllenscharfe Hartwürste mit Peperoncino, sind ein Dauerbrenner. Und für die "Saumeisen" (in Schweinenetz gewickeltes, geräuchertes Hackfleisch), eigentlich eine oberösterreichische Spezialität, kommen die Kunden aus ganz Tirol. Ach ja: Auch die hier angebotenen "Blunzn", unterschiedliche Blutwürste, sind durchaus empfehlenswert. Wir holen hier jedenfalls regelmäßig unseren Speck, der im Hause genussmousse als exquisite Grundlage für Knödel, Eintöpfe, Suppen oder ähnliche Gerichte dient.
S'Speckladele, Stiftgasse 4, 6020 Innsbruck

Warum gibt es die Rubrik "vorgestellt" auf genussmousse?
Dass hohe Produktqualität eine der wichtigsten Voraussetzungen für wohlschmeckendes Essen ist, weiß heute (fast) jedes Kind. Doch oftmals ist es für HobbyköchInnen gar nicht so leicht, die besten Produkte auch wirklich zu bekommen. Im Lauf der Jahre entdeckt aber einE jedeR von uns ProduzentInnen, VerkäuferInnen und Läden, in denen man/frau genau das Gesuchte bekommt: beste Qualität. Künftig werden wir an dieser Stelle immer wieder mal den einen oder anderen unserer Einkaufsgeheimtipps verraten. Unser Hintergedanke ist ganz einfach erklärt: Je mehr Menschen bei den kleinen Spezialisten kaufen, umso sicherer ist deren Überleben. Wer sagt außerdem, dass der Wettbewerb am freien Markt immer nur über den kleinsten Preis entschieden werden muss? Wir haben den Glauben an ein Utopia, in dem die beste Qualität das Rennen macht, (noch) nicht aufgegeben.

Freitag, 18. Mai 2007

Es geht um die Wurst!

Wurstkultur hinter der BudlDer Würstlstand ist eine Institution in Österreich. Mit der zunehmenden Entfernung zur Bundeshauptstadt Wien nimmt freilich auch die Qualität derartiger Freiluft-Etablissements direkt proportional ab. Und die Hungrigen müssen darben, wenn ihnen der Sinn nach einem gepflegten "Burenhäutel" oder ähnlichem steht. Alexander Paget, eigentlich Lichtdesigner mit eigener Firma, wollte diesen Zustand nicht mehr einfach so hinnehmen und hat kurzerhand zur Selbsthilfe gegriffen: Im kleinen, aber umso feineren Hall in Tirol hat er einen Würstelstand der besonderen Art eröffnet. Seither wird hierzulande der Wurstkultur einfach indoor, nämlich im durchgestylten Ambiente eines winzigen Geschäftslokals gehuldigt. Piekfeines Senfsortiment sowie ziemlich relaxter Dress-Code fürs Personal (siehe links oben) inklusive!

Wurstkultur: Beim Essen/Version #1Die Qualität der angebotenen Wurstspezereien ist erstklassig. Paget lässt - je nach Wurstsorte - bei unterschiedlichen Metzgern fertigen. Zu haben sind Klassiker wie das Frankfurter-Würstl (Wiener-Würstl, für Nicht-InnerösterreicherInnen), Debreciner, Burenwurst, Münchner Weißwurst oder Käsekrainer (eine dicke Wurst mit Käseeinschlüssen). Auch die für Tirol typischen St. Johanner gibt es. Daneben eine eigens für die "Wurstkultur" gefertigte Weißwurst mit Zitronengras und Kokos mit dem klingenden Namen "Lady Thai", eine vegetarische Variante aus Soja und einige, unterschiedlich scharfe Chili-haltige Wurstsorten (besonders zu empfehlen ist davon die "Batschka", eine geräucherte Wurst mit viel Paprikasauce, die beim Anschneiden appetitlich herausquillt).

Wurstkultur: Beim Essen/Version #2Sehen lassen können sich auch die traditionellen Wurstbeilagen: Würziges Schwarzbrot in dicken Scheiben, Laugenbrezeln und Semmerl stehen zur Wahl. Und SenfliebhaberInnen sind hier sowieso im siebten Himmel: Hergestellt von einer kleinen Manufaktur in Thüringen gibt es zahllose Sorten, die man/frau auch im Glas mit nach Hause nehmen kann. Und zwar Honig-, Pfeffer-, Kümmel-, Zwiebel-, Bier-, Orangen-, Kräuter-, Curry- oder auch Scharfmacher Senf. Salz- und Gewürzgurken sowie Pfefferoni des Burgenländer Gemüsebauern Erich Stekovics runden das Angebot ab. Da die genussmousse-crew dies alles natürlich nicht mutterseelenallein verkosten konnte, hat sie sich Hilfe geholt: Einer unserer heimischen Lieblings-Autoren beispielsweise, wurde mit dem Probieren der Pfefferoni betraut (siehe links oben). Das unwidersprochene Fazit eines der teilnehmenden Verkoster: "Es ist nicht wurst, welche Wurst man auf dem Teller hat." Lediglich das traditonelle "Verreißerle" hat uns nach dem Wurstfestmahl gefehlt. Wir raten daher zur Steigerung des Wohlgefühls nach dem Essen dringend zum Aufbau eines gediegenen Schnaps-Sortiments!

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